Informationen zu Aktuell
Hier finden Sie Hinweise zu aktuellen Veranstaltungen, die uns nach Redaktionsschluss erreicht haben sowie Ergänzungen (Nachschlag) zur jeweils aktuellen PHOTONEWS Ausgabe.
Nachschlag
Nach Redaktionsschluss
Debatte: Die Gewalt der Bilder – Die Geilheit der Bilder
In der PHOTONEWS Ausgabe September 2017 schrieb Andreas Herzau über die Rolle der Fotografie und der Fotografen beim G20-Gipfel in Hamburg – aus der Perspektive eines Beteiligten, er war im Auftrag des Magazins STERN unterwegs. Sein Beitrag hat H. Dieter Zinn zu einer Antwort provoziert, die wir in der PHOTONEWS Ausgabe Oktober 2017 veröffentlichen. Wie angekündigt führen wir die Debatte gerne an dieser Stelle fort und freuen uns über Kommentare (über die Kommentarfunktion am Ende oder per E-Mail an redaktion@photonews.de). Hier die Texte zum Nachlesen:
Andreas Herzau: Die Gewalt der Bilder
Fotografie beim G20-Gipfel in Hamburg
Eine schöne kleine Situation während des G20-Gipfels im Juli 2017 in Hamburg St. Pauli: Ein gelber Sack mit Recyclingmüll brennt mitten auf der Fahrbahn einer Seitenstraße. Dahinter kniet ein Fotograf und versucht aus der Perspektive des Asphalts dieses armselige Häufchen brennenden Mülls ins rechte Licht zu rücken: als d i e Eruption von Gewalt und Randale, denn soeben hatte der Hamburger Einsatzleiter eine Demonstration am Hamburger Fischmarkt mit 20.000 Menschen auf Grund von Differenzen zum Verschleierungsverbot gewaltsam aufgelöst.
Der Fotograf tat, was man von ihm scheinbar erwartete. Die polizeilichen Verlautbarungen und die Äußerungen der Veranstalter der Proteste samt der medialen Aufbereitung hatten im Vorfeld des G20-Gipfels auf allen Seiten eine klare Erwartungshaltung produziert: es wird krachen, es muss krachen...
Der Fotograf konnte ja nicht wissen, dass dieses Bild schon 24 Stunden später Makulatur sein würde, wenn das eigentliche, fotogene Schauspiel im Hamburger Schanzenviertel stattgefunden hatte: lodernde Barrikaden zur blauen Stunde, vermummte Gestalten mit nackten muskulösen Oberkörpern, johlendes Partyvolk, Plünderungen, Wasserwerfer-Einsätze, GSG 9 – Straßenschlachten. Das volle Programm – medial und vor allem fotografisch ein Traum. Die Light-Version von Gaza-Streifen und Venezuela direkt vor der Haustür, nur einen Steinwurf entfernt von den Redaktionen in Hamburg.
Damit die Erwartungen aller nicht enttäuscht wurden, gaben die vielen Beteiligten des G20-Gipfels ihr Bestes: PolitikerInnen, polizeiliche Einsatzleiter, PolizistInnen aller Einheiten, DemonstrantInnen allen Coleurs, ZuschauerInnen, JournalistInnen und natürlich Fotografen und Fotografinnen. Den letzteren fiel eine besondere Rolle zu: sie machten das Ganze zeitweise live miterlebbar und nacherlebbar – zumindest visuell – und somit haben diese Akteure wesentlich Bedeutung und Interpretation der gewaltsamen Proteste gegen den G 20-Gipfel mitbestimmt. Fotografen und Kameraleute haben mit ihren Bildern mehr oder weniger die Deutungshoheit solcher Ereignisse übernommen, da es in den schnellen Zeiten nicht mehr so sehr um Inhalte, Einordnungen und Zusammenhänge geht, sondern um das schnelle Vergnügen der Bilder, das Gefühl, dabei gewesen zu sein, obwohl man zu Hause vor dem Fernseher gesessen hat. Als Zuschauer erliegt man der Suggestion, Zeuge zu sein und Bescheid zu wissen, obwohl man ahnungslos ist. Augenfutter statt Hirnschmalz.
Die Inszenierung der G20-Spiele in Hamburg begann aber lange bevor die Staatsmänner und Staatsfrauen in Hamburg landeten. Die Polizei in Hamburg war schon im Vorfeld sehr darauf bedacht, ihrerseits die Deutungshoheit der Bilder zu behalten. So wurden die Journalisten immer wieder zu Terminen eingeladen, wie zum Beispiel der „Vorstellung der Gefangenensammelstelle Neuland“, die im Süden von Hamburg extra für den G 20-Gipfel gebaut wurde und bis zu 450 Plätze für Gefangene bietet.
In kleinen Gruppen wurde man 45 Minuten lang durch die nahezu menschenleere ehemalige Großmarkthalle geführt, die nun die Heimstatt für verhaftete Demonstranten werden sollte. Wie bei einer Ausstellung wurden alle Stationen, die ein Gefangener zu durchschreiten hat, stolz vorgeführt: Erfassung, Erkennungsdienstliche Behandlung, Zellentrakt, Befragungsräume etc. etc... Fotografisch gab es nix zu sehen, außer leeren Containern, Hallen und provisorischen Büros. Dazwischen einzelne Polizisten, die klarmachten, dass man hier nicht in einem geplanten Logistikcenter ist, sondern in einem provisorischen Knast.
Interessant dabei war die Tatsache, dass die polizeilichen Statisten noch wenige Tage zuvor bei einem anderen polizeilich angebotenen Fototermin als Informationsbeamte fungierten, die die Bevölkerung über den bevorstehenden G20-Gipfel informierten. Nun, mit neuer Funktion, wurden sie dann auch von den Fotografen gebeten, doch bitte mal eine (leere) Zelle abzuschließen, sich wahlweise hinzusetzen, streng zu gucken oder mal hier und dort längs zu laufen. Public Relation vom Feinsten. Am darauf folgenden Tag waren diese polizeilich arrangierten Bilder Aufmacher der lokalen Medien mit dem Tenor: „Hier will die Polizei G20-Randalierer unterbringen“ (Mopo).
Solcherlei Bilder, samt der immer wieder gestreuten polizeilichen und geheimdienstlichen Informationen und Schätzungen, wie viele Demonstranten (mit und ohne Gewalt im Gepäck) man in Hamburg erwarten würde, ließen nur noch einen Schluss zu: es muss krachen, es wird krachen...
Wie die Staatsmacht hatten aber auch die Gegner des G20-Gipfels ihren Grundkurs in Public Relation absolviert. Sie luden zu dem einen oder anderen Happening ein, welches lediglich für die Medien und im Speziellen für FotografInnen stattfand, da man begriffen hatte, dass in diesem ganzen G20-Gipfel-Hype im Vorfeld von den Redaktionen Bilder gebraucht werden. Es gab z.B. im Zuge des Hickhacks um die Camps der Demonstranten eine für die Presse inszenierte Aktion, bei der symbolhaft in der Nähe des Veranstaltungsortes des Gipfels kleinere, mit Anti G20-Parolen bemalte Zelte aufgestellt wurden. Ab diesem Zeitpunkt gab es endlich die nötige Bebilderung zu den Texten, die den Zank um die Camps im Stadtgebiet thematisierten. Als dann die Drohung im Raum stand, man würde zur Not im gesamten Stadtgebiet kleinere Zeltlager errichten, wenn die Stadt die eigentlichen Camps nicht genehmigt, konnte man sich bildhaft vorstellen, wie das aussehen würde. Im Vergleich zur Mobilisierungskampagne der militanten GegnerInnen des Gipfels fast schon rührend. Diese hatten auch mit Bildern im Internet für den Protest gegen das Treffen in Hamburg geworben: mit martialischen, feurigen und gewaltverherrlichenden Videos, die eine übertriebene Vorwegnahme der späteren Krawalle in Hamburg waren. Auch hier wurde einem nur der eine Schluss nahegelegt: es wird krachen, es muss krachen.
Als es dann krachte, kam die eigentliche Stunde der Bilder. Zur besten Sunset-Zeit (flaches Abendlicht, blauer Himmel, hi und da ein paar Wölkchen) wurden brennende Barrikaden errichtet, wurde das kleine Schwarze aus dem Rucksack geholt und die Heerscharen von Fotografierenden hatten Mühe, nicht ständig andere Kollegen mit im Bild zu haben, während der eine oder andere Strahl der Wasserwerfer im abendlichen Gegenlicht glitzerte. Keine Seite der Beteiligten hatte zu viel versprochen und das fast unwirkliche Schauspiel nahm seinen Lauf, während, angestachelt durch diese simple Ästhetik des Widerstands, Zuschauer (meist erlebnisorientierte Jugendliche aus den bürgerlichen Vororten Hamburgs) vor brennenden Barrikaden und herannahenden Polizeieinheiten posierten, um smartphoneflinke Bilder und Filmchen in die sozialen Netzwerke zu pumpen. Eines dieser Bilder – aufgenommen von einem Dach – zeigt in einer Aufsicht den Hauptort der Krawalle. Scheinbar brennt der gesamte Straßenzug, darüber steht der gerade aufgegangene Mond mit leichtem Hof. Fast schon romantisch, aber eben nur so romantisch, wie Apokalypsen manchmal aussehen. Als Bildunterschrift der Hilferuf: „Bitte hört endlich auf! Hilfe, wo ist die Polizei? Der schwarze Block nimmt gerade den ganzen Schulterblatt auseinander #nichtmeinhamburg #nofilter!!!“.
Ein anderer Bewohner des Viertels korrigierte diesen Eindruck wenige Stunden später: „Das Bild zeigt nicht die wahre Lage. Es gab drei Feuer auf den Straßen, beim vierten bin ich nicht sicher. Diese Feuer loderten nur auf der Straße und bestanden aus Holz und Schrott, eher Barrikaden, mit Reifen und Plastik, um maximalen Rauch zu erzeugen. Größe etwa von Osterfeuern, ich konnte auf 1-2 m herangehen. Es brannte kein Haus. Soweit ich weiß auch in dieser Straße kein Auto. Ich will diese Leute nicht verteidigen, aber ich kann nur davor warnen, solche Bilder ernst zu nehmen.“ (Diesen Eindruck kann der Autor bestätigen.)
Es ist dieser Klassiker, der immer wieder zu dieser Art inszenierter und verfälschender Bildern führt: je dramatischer das Bild, desto heroischer der Urheber der Bilder, auch wenn es manchmal eben nur ein einsamer brennender gelber Sack auf der Straße ist.
So viel zur ästhetischen Gewalt der Bilder, die so manchen Zuschauer angezogen haben wird, sich an dem Spektakel zu beteiligen. Eine andere Form der Gewalt, der Staatsgewalt, werden sich manche jetzt im Nachhinein stellen müssen, denn die Polizei hat mit ihrem Fahndungsaufruf nach Fotos und Videos aus der Krawallnacht schon mehr als 1.000 Einsendungen erhalten. Die wahren Krawalleros sind sich dieser Gefahr bewusst und als in dieser Nacht dann auch noch der REWE geplündert wurde, erklärte einer der Autonomen den Gaffern und Fotografen auf recht höfliche Weise, dass nun hier und gerade jetzt Fotos nicht gerne gesehen werden. Wer allerdings diese Freundlichkeit nicht zu schätzen wusste, wurde vor die Wahl gestellt: entweder Chip oder gleich die ganze Kamera.
So sind solche Ereignisse zunehmend ein Kampf um Bilder, die im heutigen Mediengeschehen entscheidend für die Deutungshoheit sind. Darüber müssen sich alle Beteiligten bewusst sein, insbesondere die Urheber, die Fotografen und Fotografinnen.♦
H. Dieter Zinn: Die Geilheit der Bilder
Antwort auf den Text „Die Gewalt der Bilder“ in PHOTONEWS 9/2017
„Das Fotografieren hat eine chronisch voyeuristische Beziehung zur Welt geschaffen, die die Bedeutung aller Ereignisse einebnet.“ Diese Erkenntnis von Susan Sontag ist nicht neu, doch heute aktueller denn je. Welche Ausmaße die „voyeuristische Beziehung zur Welt“ mittlerweile angenommen hat, ist täglich in sozialen Medien, Meldungen über Schaulustige und Fotografenpulks zu sehen. Ja, mehr noch. Menschen gehen selber in Bilder hinein, um ihre Selbstinszenierung bildwirksam von BildermacherInnen in die Öffentlichkeit zu bringen. Dieses Phänomen findet sich in rechten und linken Gruppen, bei Demonstrationen, Events und genauso bei Attacken der Terroristen. Es geht ihnen allen darum, ihre Botschaft medial zu verbreiten. So bleibt es nicht aus, dass FotografInnen Kumpane der Akteure werden und umgekehrt. Ob inszenierte Selbstdarstellungen für das „schöne Demofoto“ vom G20-Gipfel in Hamburg (siehe Titelfoto der Photonews 9/17) oder Aktionen krimineller Gewalttäter. Das ist natürlich ein sehr unangenehmer Gedanke für BildermacherInnen: Als mediale Repräsentanten latent krimineller, gewalttätiger oder narzisstischer Menschen zu fungieren. Und noch einen Widerspruch müssen FotografInnen aushalten. Allein durch ihre Anwesenheit werden die Akteure häufig und offensichtlich animiert, mehr „Aktion“ zu machen als ohne mediale Beobachtung. So entsteht eine echte Zwickmühle für FotografenInnen.
Aus diesem Grund war ich sehr verwundert über die Simplifikation dieses so hochbrisanten Themas (Wie gehen BildermacherInnen mit dieser Zwickmühle um?) durch den Autor Andreas Herzau. Der Titel seines Artikels „Die Gewalt der Bilder” steht in krassem Widerspruch zu dem nachfolgenden Text, der mir das Gefühl vermittelte, hier schreibt einer über einen interessanten Betriebsausflug. Wer komplizierte Vorgänge vereinfacht, wirkt vordergründig souverän. Allerdings steht er gleichzeitig in dem Verdacht der Ignoranz. Bekanntlich meint ignorieren ja, ungelöste Probleme als gelöst zu betrachten. Die Verdrängung der Probleme beginnt schon dort, wo FotografenInnen und BildermacherInnen vorgeben, nichts mit den gewalttätigen Strategien von Demonstranten oder Terroristen zu tun zu haben. Frei nach dem Motto: wir berichten ja nur. Diese Art der Verdrängung entspricht in meiner Welt einer blauäugigen oder fatalistischen oder zynischen Haltung. Spätestens seit 9/11 ist das mediale Kalkül politisch motivierter Krimineller bekannt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Von den Enthauptungsvideos der IS-Mörder bis hin zu den Terroranschlägen der letzten Tage. Auch diese Strategien sind nicht neu. Man denke nur an die Bildikone des Fotografen Eddie Adams. Sein Foto des 1968 öffentlich ermordeten Vietcongs ging um die Welt. Bis heute bleibt die Frage offen, ob der Vietcong wegen der anwesenden Fotografen getötet wurde.
Natürlich gibt es auch Demotouristen, wie auf dem G20-Gipfel in Hamburg, die den Hype der Gewaltbilder suchen, um sie gleich in die Welt zu senden. Diese Bildtouristen finden sich bei Demos, Unfällen, Katastrophen. Sie sammeln diese Bilder als Trophäen ihrer vermeintlichen Erlebnisse. Es geht ihnen um „die Geilheit der Bilder“ und auch um ihre „unentwegte Unterhaltung“. Bildprofis wiederum suchen ihre Bilder zwischen klischeebehafteten Symbolen und „geilen“ Inszenierungen. Es geht ihnen schließlich um Fotografien, um Bilder der Gewalt, die sich in Magazinen und Bildagenturen vermarkten lassen.
„Es muss krachen, es wird krachen...“ So klingt es in dem Text von Andreas Herzau, in der Photonews 9/17 über die Demonstrationen zum G20-Gipfel in Hamburg. Das war doch „irgendwie“ mal wieder ein nettes Event. So klingt es zwischen Zeilen hervor. Hier ein brennendes Mülltütchen. Dort ein paar „Krawalleros“. Das Wort „Krawalleros“ erinnerte mich an das Wort „Cabelleros“, (spanische Edelmänner). Immerhin sind sie gut erzogen, die „Krawalleros“. Weil sie „auf höfliche Weise“ darauf hinweisen, dass sie bei ihren Aktionen nicht fotografiert werden wollen. Verständlich, denn welcher Kriminelle lässt sich schon gerne bei seinen Taten ablichten. Obwohl hier ein Widerspruch deutlich wird. Schließlich werden in der Bewertung krimineller Taten die politischen Motivationen der Täter zu gerne mildernd berücksichtigt. Ein beliebtes Statement ist hier oft zu hören: Was ist schon ein geplünderter Supermarkt, ein brennendes Auto gegen die Gewalt des „Schweinesystems“? Wer hinter dieser Haltung Zynismus vermutet kann die Aktionen der „Krawalleros“ auch beim Namen nennen: Gewalt gegen Menschen. Diebstahl. Nötigung. Beleidigung. Vandalismus. Plünderung. Brandstiftung. Bilder dieser Übergriffe können dazu beitragen, der kleinen Gruppe der Gewalttäter mehr Gewicht zuzuweisen, als ihnen gebührt. Dagegen zeigen relevante Fotografien, ohne den Populismus der Deutungshoheit, die Auswirkung der gewalttätigen Geschehnisse. Ähnlich den wichtigen Bildern vom Krieg. Es geht um die Auswirkung der Gewalt auf die Opfer. Ob Goyas „Los Desastres de la Guerra“, der Völkermord in Ruanda oder Folter in Abu-Ghuraib, um nur drei Beispiele zu nennen. BildermacherInnen, die sich auf die Opfer fokussieren, gehört mein Respekt. Skeptisch werde ich, wenn Fotografen sich faszinieren lassen von der Geilheit der Täterbilder. Die sie zwischen Feuer, Rauch, Wasser, Pose, Gewalt, Kitsch und martialischen Massenphänomenen bildwirksam in Szene setzen.
„So sind solche Ereignisse zunehmend ein Kampf um Bilder (...)“, schreibt der Autor. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von „Deutungshoheiten“, die entscheidend sein sollen. Doch was genau soll gedeutet werden? Geht es um die Erkenntnis, dass Fotografien niemals zu 100 Prozent das repräsentieren, was sie abbilden, sondern dass sie zuerst erzeugen und begründen, was sie zeigen? Oder wird hier der Stellenwert fotografischer Bilder in der medialen Nutzung vom Autor maßlos überschätzt? Offensichtlich ist: Deutungshoheiten werden von großen Leitmedien (wie Stern oder Tagesschau) geprägt. Hier, in den Sendern und Redaktionen, wird entschieden, was und wie veröffentlicht wird. Und wenn von Deutungshoheit gesprochen wird, sollte auch der Missbrauch von Deutungshoheit nicht unerwähnt bleiben. Doch die gute Nachricht für BildermacherInnen ist: Mediale Deutungshoheiten haben sich verändert. Nicht mehr allein die Medienmacher, sondern auch die Medienkonsumenten verfügen über sie. So auch beim G20 in Hamburg. Fotos, die von den Leitmedien nicht mehr kontrolliert werden können, gehen über Soziale Medien in die Welt. Gegen diese „demokratisierte“ Bilderwelt, die aus der Mitte der Aktionen entsteht, werden die Bilder der Auftragsfotografen in Zukunft mehr und mehr zu einem visuellen Beiwerk. Für sie bleiben die Bilder, die ihrem Gestaltungsbewusstsein und ihrer Haltung entsprechen. Wobei die Suche nach „Eyecatchern“ und Symbolbildern, die den ästhetischen bzw. politischen Vorstellungen der Auftraggeber entsprechen, den fotografischen Blick bildentscheidend beeinflussen werden.
Am Schluss des Artikels spricht der Autor die Empfehlung aus, dass sich doch bitte alle Bildermacher darüber bewusst sein sollen, was sie fotografieren. Das klingt für mich nach naivem Wunschdenken. Doch die Zeiten des Vietnamkriegs, als Susan Sontag über die große „moralische Autorität“ der Bilder sprach, sind lange vorbei. ♦
Kommentare:
Lieber HD Zinn,
Vielen Dank für ihren Beitrag, Sie sprechen mir komplett aus dem Mund. Ich
war auch irritiert und genervt von dem widersprüchlichen und
oberflächlichen Beitrag in PN 9/17.
Sie haben ja alles gesagt, auch das Eingehen auf
Möchtegern-Wortschöpfungen wie Krawalleros. Dass der beauftragte Fotograf
seinen eigenen Auftragsdruck nicht einbringt, ist ein weiteres Ärgernis.
Naja. Schwamm drüber.
Martin Langer
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